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Was bedeutet das Lieferkettengesetz für Unternehmen und welche Schritte müssen wir zur Einhaltung unternehmen? Mit dem im Jahr 2023 in Kraft getretenen Lieferkettengesetz müssen Unternehmen in Deutschland sicherstellen, dass auch ihre Zulieferer weltweit Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten. Dieser Artikel führt Sie durch die wichtigsten Aspekte des Gesetzes und zeigt, wie wir darauf reagieren können, um Strafen zu vermeiden und fairen Handel zu fördern.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nimmt Unternehmen in die Pflicht, Menschenrechte und Umweltschutz entlang ihrer gesamten Lieferkette sicherzustellen und gilt zunächst für Konzerne mit mehr als 3.000, und ab 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden in Deutschland.
- Unternehmen müssen Risikomanagement betreiben, Sorgfaltserklärungen abgeben, präventive und reaktive Maßnahmen umsetzen, Beschwerdemechanismen einführen und über ihre Tätigkeiten berichten, um den Vorgaben des Lieferkettengesetzes nachzukommen.
- Verstöße gegen das Lieferkettengesetz können zu Ermittlungen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), zu Bußgeldern und zum Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen führen, wobei auch eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen im Raum steht.
Das Lieferkettengesetz: Grundlagen und Auswirkungen
Das Lieferkettengesetz hat das Ziel, grundlegende Menschenrechte zu schützen und Verletzungen wie Kinderarbeit, Ausbeutung und Diskriminierung in weltweiten Lieferketten zu verhindern. Durch das Gesetz werden internationale Konzerne in die Verantwortung genommen, dass Menschenrechte und Umweltschutz entlang der gesamten Lieferkette beachtet werden.
Das Gesetz hat folgende Auswirkungen:
- Internationale Konzerne werden zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz verpflichtet.
- Deutsche Unternehmen müssen ihrer globalen Verantwortung nachkommen.
- Das Gesetz schafft Rechtssicherheit und den Abbau von Wettbewerbsnachteilen.
Insbesondere für Branchen mit Risiken in der Lieferkette wie Klimawandel, Artensterben und ausbeuterische Arbeitsbedingungen kann das Gesetz zu fairen Einkaufspraktiken und Verträgen beitragen. Es ist daher wichtig, dass Unternehmen dieses Gesetz und seine Auswirkungen verstehen und entsprechend handeln.
Entstehung und Hintergrund des Lieferkettengesetzes
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz basiert auf den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen, die 2011 verabschiedet wurden und sowohl Staaten als auch Unternehmen eine Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten zuschreiben. In ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung festgelegt, dass im Falle einer unzureichenden freiwilligen Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten durch die Unternehmen, national gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden sollen und gleichzeitig auf eine EU-weite Regelung hingearbeitet werden würde.
Die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung in der Arbeitswelt zeigten, dass die freiwillige Umsetzung der Sorgfaltspflichten nicht zufriedenstellend war, da lediglich etwa 20% der befragten Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten diesen nachkamen. Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 und die Initiative für das Textilbündnis, das im Jahr 2014 als Reaktion auf tragische Unfälle in der Textilindustrie ins Leben gerufen wurde, bildeten die Grundlage für die Entwicklung des Lieferkettengesetzes. In ähnlicher Weise könnte eine Initiative im Bereich Fußball dazu beitragen, die Einhaltung von Menschenrechten und Sorgfaltspflichten in der Sportbranche zu fördern.
Anwendungsbereich und betroffene Unternehmen
Das Lieferkettengesetz gilt seit dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden und seit dem 1. Januar 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden mit Sitz in Deutschland. Obwohl kleinere Unternehmen, die als KMU klassifiziert sind, nicht direkt unter das Lieferkettengesetz fallen, können sie dennoch indirekt betroffen sein.
So können sie beispielsweise von größeren Unternehmen dazu verpflichtet werden, Informationen zu Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsthemen in ihrer Lieferkette bereitzustellen. Es ist daher wichtig, dass alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe über das Gesetz und seine potenziellen Auswirkungen informiert sind und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeiten für Unternehmen
Unternehmen stehen im Zentrum des Lieferkettengesetzes und haben eine Reihe von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Sie müssen:
- einen Prozess der unternehmerischen Sorgfalt einführen
- eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden
- präventive und Abhilfemaßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass sie nicht gegen Menschenrechte verstoßen und auf einem festen Stand bleiben
- ein Beschwerdeverfahren einrichten
- jährlich über ihre Tätigkeiten berichten
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern einzuhalten und bei substantiierten Hinweisen auch in der mittelbaren Lieferkette tätig zu werden.
Das Gesetz erwartet von Unternehmen, dass sie die Sorgfaltspflichten entsprechend ihrem individuellen Kontext umsetzen und dabei den Grad der Einflussmöglichkeit auf die Lieferkette berücksichtigen. Unternehmen müssen Verantwortlichkeiten im Hinblick auf das Lieferkettengesetz klar festlegen, etwa durch die Benennung eines Menschenrechtsbeauftragten.
Menschenrechtliche SorgfaltspflichtenUnternehmen sind verpflichtet, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten zu beachten, die sich auf das eigene Handeln, das Handeln von Vertragspartnern und das Handeln mittelbarer Zulieferer erstrecken. Ein Risikomanagement muss etabliert werden, um potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte zu identifizieren, die aus der eigenen Geschäftstätigkeit resultieren können.
Risikoanalysen sind durchzuführen und auf ihrer Basis müssen angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen in die Geschäftsprozesse integriert werden. Eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte muss veröffentlicht werden, die die unternehmerische Verantwortung kommuniziert und von der Unternehmensleitung getragen wird.
Umweltbezogene SorgfaltspflichtenDas Lieferkettengesetz schließt den Umweltschutz ein, insbesondere in Bezug auf Umweltrisiken, die zu Menschenrechtsverletzungen führen können, wie illegale Abholzung, Pestizid-Ausstoß sowie Wasser- und Luftverschmutzung. Unternehmen müssen im Rahmen des Lieferkettengesetzes umweltbezogene Pflichten erfüllen, die sich aus internationalen Abkommen ableiten. Diese Abkommen setzen Standards zum Schutz vor Gesundheits- und Umweltgefahren wie Quecksilber und langlebigen organischen Schadstoffen..
Im Gesetzestext werden speziell Umweltrisiken wie illegale Abholzung und der Ausstoß von Pestiziden sowie Wasser- und Luftverschmutzung berücksichtigt. Unternehmen sind laut Verordnung verpflichtet, keine Rohstoffe und Erzeugnisse, die nach dem 31.12.2020 durch Entwaldung oder Waldschädigung produziert wurden, in den EU-Markt einzuführen oder zu exportieren.
Umsetzung und Durchsetzung des Lieferkettengesetzes
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist für die Überwachung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten im Rahmen des Lieferkettengesetzes zuständig. Das BAFA kann auf Beschwerden von NGOs und betroffenen Personen reagieren und eigene Ermittlungen anstellen, um mögliche Verstöße gegen das Lieferkettengesetz zu überprüfen.
Die zunehmende Zahl der Beschwerden bei der BAFA zeigt, wie wichtig eine wirksame behördliche Überwachung des Lieferkettengesetzes ist. Unternehmen sind verpflichtet, jährlich einen Bericht über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten zu veröffentlichen. Es muss ein Beschwerdemechanismus für Mitarbeiter und externe Stakeholder eingerichtet werden, um mögliche Verstöße gegen das Lieferkettengesetz zu melden.
Behördliche Überwachung und Bußgelder
Das BAFA wird aktiv und nimmt Kontakt mit Unternehmen auf, sobald Hinweise auf mögliche Verstöße gegen das Lieferkettengesetz vorliegen, um die Einhaltung dessen Vorgaben zu prüfen. Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten des Lieferkettengesetzes können Unternehmen mit Bußgeldern sowie bei schweren Verstößen mit einem Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen belegt werden.
Es existieren keine festgelegten Fristen für das BAFA, um auf Beschwerden zu reagieren, was zu Unsicherheiten bezüglich des Bearbeitungszeitrahmens von Vorwürfen führt.
Zivilrechtliche Haftung
Im Entwurf des EU-Lieferkettengesetzes ist eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen bei Pflichtverletzungen vorgesehen, die zu negativen Auswirkungen führen. Die zivilrechtliche Haftung ist in Artikel 22 geregelt und bezieht sich auf negative Auswirkungen gemäß den Artikeln 7 und 8 des Richtlinienvorschlags.
Die Einführung der zivilrechtlichen Haftung könnte für Unternehmen neue Risiken in Bezug auf Haftungsforderungen bedeuten, bietet aber gleichzeitig Chancen für einen faireren globalen Wettbewerb. Die offene Frage der Beweislast im EU-Lieferkettengesetz kann zu uneinheitlichen haftungsrechtlichen Konsequenzen in den Mitgliedstaaten führen.
Vorbereitung und Anpassung von Unternehmen an das Lieferkettengesetz
Unternehmen sollten folgende Schritte unternehmen, um sich auf das neue Lieferkettengesetz vorzubereiten:
- Überprüfen und anpassen bestehender Geschäftsbeziehungen und Unternehmenspolitik.
- Entwicklung einer klaren Beschaffungsstrategie.
- Festlegung klarer Erwartungen an Lieferanten in Bezug auf Umwelt- und Sozialstandards.
Die Durchführung einer Risikoanalyse ist entscheidend, um Transparenz zu schaffen und menschenrechtliche sowie ökologische Risiken zu identifizieren. Ein etabliertes Risikomanagement, das regelmäßig wiederholt wird, ist für die Überwachung und Steuerung von Risiken notwendig.
Risikomanagement und Nachhaltigkeit in der Lieferkette
Unternehmen müssen Risiken in ihren Lieferketten identifizieren, präventive Maßnahmen wie die Etablierung von Risikomanagementsystemen und Schulungen durchführen und reaktive Maßnahmen bei aufgetretenen Verstößen umsetzen. Das Risikomanagement muss regelmäßig, mindestens jährlich oder anlassbezogen, aktualisiert werden, und die Dokumentation und Berichterstattung der Sorgfaltspflichten ist fortlaufend und muss jährlich veröffentlicht werden.
Bei der Priorisierung von Risiken müssen Unternehmen folgende Punkte berücksichtigen:
- Ihre Einflussmöglichkeiten und den Kontext ihrer Geschäftstätigkeit
- Wesentliche Risiken nach dem Prinzip der Angemessenheit in den Blick nehmen
- Ihre Erwartungshaltung gegenüber Lieferanten klar kommunizieren
- Gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikominderung erarbeiten und fordern
Unterstützungsangebote und Tools für Unternehmen
Der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte bietet zentrale Anlaufstelle für Fragen zu menschenrechtlicher Sorgfalt und unterstützt Unternehmen bei der Implementierung der menschenrechtlichen Vorgaben des Lieferkettengesetzes. Als Mensch, der in einem betroffenen Unternehmen arbeitet, können Sie sich auf die Industrie- und Handelskammern (IHKs) verlassen, die weitere Hilfsmittel wie die Handlungshilfe Nachhaltiges Lieferkettenmanagement und länderspezifische Unterstützungsangebote zur praktischen Umsetzung des Lieferkettengesetzes für Menschen bieten.
Online-Tools wie der CSR Risiko-Check und der KMU-Kompass unterstützen Unternehmen dabei, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in den Lieferketten zu identifizieren und nachhaltige Praktiken zu implementieren. Durch die Nutzung von Workshops mit externen Beratern und Ressourcen des Deutschen Global Compact Netzwerkes, wie Prozesshilfen und Self-Assessment-Tools, können Unternehmen die passenden digitalen Tools für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten finden und einsetzen.
Branchenspezifische Regelungen und Initiativen
Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte setzt verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen fest, um entwaldungsfreie Lieferketten zu fördern. Von dieser Regelung sind folgende Rohstoffe und Erzeugnisse betroffen:
- Soja
- Rind
- Palmöl
- Holz
- Kakao
- Kaffee
- Kautschuk
Die EU-Verordnung zu Konfliktmineralien adressiert den Handel mit spezifischen Mineralien, um die Finanzierung bewaffneter Gruppen und Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden. Die Verordnung schreibt EU-Importeuren von Gold, Zinn, Tantal und Wolfram Sorgfaltspflichten vor, um die Lieferketten nachzuverfolgen und Verbindungen zu Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden.
Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
Sorgfaltspflichten werden eventuell an KMU weitergereicht, da Großbetriebe verpflichtet sind, Informationen und Vereinbarungen von ihren Zulieferern einzuholen und sie in die Risikoanalyse einzubeziehen. KMU sollten sich auf Kontrollmaßnahmen, spezifische Schulungen zu neuen Anforderungen und Pflichten vorbereiten und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess etablieren.
Es ist ratsam für KMU, proaktiv Kontakt mit großen Kunden aufzunehmen, um ein besseres Verständnis für das Vorgehen hinsichtlich des Lieferkettengesetzes zu entwickeln. KMU sollten:
- einen Überblick über ihre Lieferketten verschaffen
- interne Verantwortliche und Zulieferer einbeziehen
- sich Netzwerken anschließen, um angemessen auf Überwälzungen von LkSG-Pflichten zu reagieren.
Häufig gestellte Fragen
Was besagt das Lieferkettengesetz? ▼
Das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen, die Verantwortung dafür zu tragen, dass ihre Zulieferer die Menschenrechte und grundlegende Umweltstandards einhalten. Es regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten, beispielsweise den Schutz vor Kinderarbeit und fairer Lohn.
Wer fällt unter das Lieferkettengesetz? ▼
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gilt ab dem 1. Januar 2024 für Unternehmen mit in der Regel mindestens 1000 Arbeitnehmern, die ihren Hauptsitz oder eine Zweigniederlassung im Inland haben.
Was passiert, wenn Unternehmen gegen das Lieferkettengesetz verstoßen? ▼
Unternehmen, die gegen das Lieferkettengesetz verstoßen, können mit Bußgeldern von bis zu fünf Prozent des Umsatzes belegt werden und von öffentlichen Ausschreibungen bis zu drei Jahre ausgeschlossen werden. Betroffene können zudem Entschädigung vor Zivilgerichten in EU-Mitgliedstaaten einklagen, wenn Schäden verursacht wurden.